Therapiemethoden

Die Psychoanalyse

eine Kulturtheorie, eine psychologische Theorie und eine Heilmethode

Am Fuß des Berges Parnass in Zentralgriechenland befindet sich das Orakel von Delphi

Der Überlieferung zufolge sollen am Eingang des Tempels von Delphi die Inschriften „Erkenne dich selbst“ (gnôthi seautón, .... ) und „nichts im Übermaß“ (.... , medèn ágan), angebracht gewesen sein. Insbesondere die erste, bekanntere Aufforderung deutet die eigentliche Absicht des Kultes bzw. der verehrten Gottheit an, nämlich die Auflösung individueller Probleme und Fragestellungen durch die Auseinandersetzung mit der eigenen inneren Persönlichkeit. Die Erkenntnis der „Innenwelt“ diente damit als Zugang zur Problemlösung in der „Außenwelt“.

(Textquelle: wikipedia 26.08.2014, Zeichnung Jochen Ernst)

Die Psychoanalyse ist Grundlage meiner therapeutischen Arbeit mit und ohne Couch. Seit Sigmund Freuds Bahn brechender Entdeckung der psychodynamischen Wirkungen im Unbewussten hat sich die psychoanalytische Methode immer weiter entwickelt. Für interessierte Laien empfehle ich den Zeitschriftenartikel von Ulf Geuter: „Psychoanalyse: In einer verlässlichen Beziehung über sich selbst reflektieren“ (PSYCHOLOGIE HEUTE 08/2007), zu finden im Archiv unter www.psychologie-heute.de.

Wesentliche Wege zur Erkenntnis der Innenwelt sind die freien Assoziationen: unsortierte Einfälle, Träume, Gedanken, Emotionen und Körpersensationen bekommen Platz. Erzählen, schweigen, zuhören, träumen, erleben, bedenken, verstehen im schützenden Rahmen einer Psychoanalyse – zuvor verborgene Zusammenhänge werden deutlich, indem sie sich in der psychoanalytischen Beziehung wieder neu in Szene setzen. So können die im Laufe des Lebens verinnerlichten Beziehungserfahrungen in der Beziehung zwischen Patient/-in und Analytikerin Gestalt bekommen und klarer wahrgenommen werden. Unverarbeitete Belastungen (Traumen) und unbewusste psychische Konflikte, auch fest gefahrene Abwehrmuster, werden im Kontext erlebt und integriert. Die blockierte emotionale, geistige und körperliche Entwicklung findet neue Entfaltungsmöglichkeiten– sobald die psychischen Schutzmaßnahmen nicht mehr so zwingend als Panzer notwendig sind. Die Fähigkeiten, mit inneren und äußeren Belastungen konstruktiv umzugehen, wachsen wieder.

Psychotherapie

Psychotherapie ist ein psychologisches Heilverfahren für psychische und psychosomatische Beschwerden und Störungen. Wegen ihrer wissenschaftlich begründeten Wirksamkeit werden die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie (sowie weitere Therapieverfahren wie z.B. die Verhaltenstherapie) bei psychisch bedingter Erkrankung von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt, und die Kosten in einem geregelten Umfang von diesen übernommen. Die Antragstellung auf Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen wird in den Psychotherapie-Richtlinien vorgegeben.

In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie haben Sie in der Regel einen festen Gesprächstermin in der Woche von 50 Minuten. Miteinander gegenüber sitzend versuchen Sie möglichst offen davon zu sprechen, was Sie im Alltag draußen und in der Therapiesituation beschäftigt. Dabei schält sich zumeist ein bestimmter Schwerpunkt Ihrer psychischen Problematik heraus und kann zusammen erkundet werden. Die Therapeutin hört Ihnen zu und spricht mit Ihnen darüber, welche Zusammenhänge sie dabei versteht. Sobald Sie Vertrauen in die therapeutische Beziehung entwickeln, finden Sie den Mut, auch innerlich umstrittene Themen zuzulassen. Sie können dabei mit Unterstützung Ihrer Therapeutin Zugang zu tieferen Gefühlsschichten Ihres aktuellen Problems bekommen. Im Laufe der Therapie erweitert sich dadurch Ihr Handlungsspielraum bei der Verarbeitung der derzeitigen Belastungen, und Ihre Beschwerden bessern sich.

In der analytischen Psychotherapie finden zwischen 2 und 4 fest vereinbarte Termine in der Woche statt, jeweils 50 Minuten. Nach Vereinbarung kann der Patient auf der Couch liegen oder gegenüber sitzen. Das Liegen auf der Couch kann es erleichtern, nach innen zu spüren und Gefühle und Gedanken wahrzunehmen. Durch mehrere Stunden in der Woche ist Platz dafür, die Einfälle offen zu äußern, ohne scheinbar „Unwichtiges“ vorher auszusortieren. So können im Therapieverlauf auch unbewusste Themen Gestalt bekommen. Beziehungserfahrungen aus der eigenen Lebensgeschichte werden in der intensiven analytischen Therapie neu zugänglich. Eine verlässliche therapeutische Beziehung hilft dabei, die manchmal schwer erträglichen Gefühle zuzulassen und die Zusammenhänge zu entdecken und zu verstehen. Damit kommt ein Selbsterfahrungs- und Selbsterkenntnisprozess in Gang, der die Persönlichkeitsentwicklung insgesamt heilsam fördert, und über lange Zeit psychisch notwendige Symptome und Beschwerden treten in den Hintergrund oder verschwinden ganz.

Analytische Gruppenpsychotherapie

Wichtig sind Vorgespräche mit der Gruppenleiterin zur Klärung der psychischen Störungen und passenden Behandlungsform. Eine Gruppentherapie löst bei vielen Patienten anfangs meist mehr Ängste und Hemmungen aus als Einzeltherapie. Hinzu kommen Bedenken, dass der Einzelne in der Gruppe weniger bekommen würde als in der Einzeltherapie. Dabei kann man in mancher Hinsicht sogar „mehr“ bekommen.

Analytische Gruppentherapie bietet nach einer Vertrauen bildenden Anfangsphase im Verlauf 2 Jahren besonders vielfältige und berührende zwischenmenschliche Erfahrungen und ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung von gesunden Persönlichkeitsanteilen.

Rahmenbedingungen der Gruppe

Die Gruppe besteht aus maximal 9 Teilnehmer/-innen und wird von mir geleitet. Jede Gruppensitzung dauert 100 Minuten und findet in der Regel einmal wöchentlich statt. Die Gruppe ist als „halboffene“ Gruppe angelegt, d. h. dass ein frei werdender Platz wieder besetzt wird, wenn ein/e Teilnehmer ausscheidet. Die Gruppenferien finden in der Regel in den Schulferien statt.

Therapieziele

Die meisten Menschen kommen in eine analytische Therapiegruppe, weil sie die belastenden psychischen oder auch körperlichen Symptomen einhergehen mit Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Kontakten. Z. B. wiederholen sich in Freundschaften und Arbeitsbeziehungen immer wieder ähnliche, quälende Konstellationen, aus denen es scheinbar keinen Ausweg gibt. Oder die persönlichen Anspannungen münden in Rückzug aus wichtigen sozialen Kontakten.

So unterschiedlich die persönlichen Beschwerden und Therapieziele der einzelnen Teilnehmer sein mögen, gemeinsam ist allen der Wunsch nach einer befriedigenderen Gestaltung ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen und Stabilisierung ihres Selbstwertgefühls. Dies sind die allgemeinen Ziele der Gruppenteilnehmer.

Arbeitsweise

Kern der Arbeit in einer analytischen Therapiegruppe ist der gegenseitige Austausch der Gruppenteilnehmer über das, was sie gerade im Leben beschäftigt und bewegt und das, was in ihnen während der Gruppensitzung vor sich geht. Ausgelöst durch die Erfahrung mit den Teilnehmern in der Gruppe und dem Leiter, wird jeder in den Gruppensitzungen Gefühle, Phantasien, Hoffnungen, Befürchtungen, körperliche Reaktionen und manchmal auch dringende Handlungsbedürfnisse erleben, die dem entsprechen, was er auch im Leben „draußen“ erlebt.

Die analytische Gruppentherapie wirkt unter anderem hilfreich durch das „Analysieren“, also das Spüren, Entdecken und Verstehen unbewusster seelischer Abläufe. Im Laufe des Lebens entstehen unmerklich Erlebens- und Verhaltensweisen nach mehr oder weniger festgelegten Mustern, die manchmal hilfreich, oft aber auch störend und einengend sind. Sie setzen sich auch in der Gruppe in Szene. Scheinbar unerklärliche Symptome, Verhaltensweisen und Gefühlsreaktionen des Einzelnen haben oft eine unbewusste Bedeutung, die sich in der Gruppenanalyse entlang der Resonanz in den Gefühlen der Gruppenteilnehmer wiederfinden kann. Wenn diese gespürt und verstanden werden, kann diese „Einsicht“ zu einem Schlüsselerlebnis für das Entdecken und Kennenlernen der eigenen Persönlichkeit werden.

Chancen und Schwierigkeiten mit Offenheit

Innerhalb der Gruppe ist es fruchtbar, möglichst offen sein Erleben auszusprechen. Die Therapiegruppe stellt einen geschützten "Raum" zur Verfügung, in dem die Freiheit für neue Erfahrungen und Gefühle genutzt werden kann. Diese Möglichkeit, sich offen zu äußern, ist für die meisten Teilnehmer nicht einfach; z.B. weil sie sich davor fürchten, dass andere Gruppenmitglieder sie ablehnen oder Missfallen äußern. Diesen Hemmungen nachzugehen, sie zum Thema zu machen, führt zu neuen Erfahrungen mit sich und anderen. Erfahrungsgemäß wächst das Vertrauen in eine offene Kommunikation im Laufe der Zeit, wenn die Teilnehmer erleben, wie es sich lohnend auswirkt bei anderen, Hemmungen zu überwinden. Jeder hat sein eigenes Tempo, wann es möglich sein wird, von sich zu sprechen. Gelingt es, die im übrigen Leben gewohnte "Zensur" aufzugeben, kann man sich selber in einem anderen, neuen Licht sehen und bis dahin verborgene Seiten an sich erkennen - und schätzen lernen. Gefühle von Scham und Trauer können spürbar werden, Wut und Ärger finden einen Platz. Und auch angenehme Gefühle wie Zuneigung und Sympathie können in neuer Weise auftauchen und den Einzelnen und die Gruppe bewegen.

Abstinenz

Für alle Gruppenmitglieder besteht die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach draußen.

Die Gruppe ist kein geeigneter Ort, um Freunde oder Partner zu suchen. Sie ist vielmehr ein Ort, wo jeder seine Fähigkeit zu Freundschaften und persönlicher Nähe erweitern kann, um dann im Leben „draußen“ Freunde zu finden und mehr persönliche Intimität zu wagen.

 

Ich danke Dr. Meinhard Korte aus Hanau, dessen Patienten-Information zur Gruppentherapie ich als Grundlage für diesen Text nutzen durfte.